Geschichten über San Blas 2016

Infinity passiert die Riffe
Infinity passiert die Riffe

 ….nach 4 Tagen wieder Land in Sicht – Guna Yala

 

09.02.2016 - Guna Yala oder San Blas

Am 2. Februar haben wir, nach vier Tagen auf See, von Aruba (ABC Inseln) kommend, in der Inselwelt von San Blas, vor der Hauptinsel El Porvenir, kurz vor dem Sonnenuntergang den Anker fallen lassen. Am nächsten Morgen klarieren wir auf El Porvenir ein, verlegen danach unseren Anker vor das Inselchen Yansaladup (Eastern Lemon Cays) neben SY Fajo mit Silke und Mathias.

Es ist die erste richtige Rifflandschaft, durch die wir uns durchtasten. Trotz der guten Seekarten und dem Führer von Eric Bauhaus, finde ich es spannend und aufregend die Wellen ein paar Meter neben Infinity schäumend auf die Riffe rauschen zu sehen. Mathias kommt uns in seinem Dinghi entgegen. Die Wiedersehensfreude ist groß und Minuten später ankern wir, geschützt durch die Riffe, im Paradies. Nur Wasser, kleine Inseln mit Palmen und vereinzelten Hütten, in Luv von Riffen geschützt und in Lee meist in wunderschöne Strände auslaufend.

Isla Porvenir
Isla Porvenir
Yansaladup
Yansaladup

 Nach 4 Tagen auf See sind wir in einer anderen Welt gelandet. Silke und Mathias berichten, dass einige Segler schon seit 7 Jahren oder länger in San Blas vor Anker liegen, täglich Kitesurfen, schnorcheln, fischen und das freie Leben genießen. Dies ist für mich erst mal, wie soll ich sagen, schockierend?! Ich glaube, ich bin noch zu sehr in der normalen Karibik – noch nicht entschleunigt. Ich hab jetzt schon Sehnsucht, mich auf dem Festland zu bewegen. Wir borgen uns das Kajak von Silke und Mathias und paddeln auf die 500m entfernte Insel Yansaladup, die so klein ist, dass wir sie zu Fuß in 10 min. umrundet haben.  Auf Yansaladup leben 2 Familien in 3 Hütten, mit vielen Palmen und Hängematten. Touristen, die mit kleinen Booten vom Panama Festland hergebracht werden, ist es erlaubt zu Campen. Allerdings müssen sie alle Lebensmittel mitbringen.

Auch unsere Tage bestehen nun aus morgendlichen Fitnesseinlagen, spätem Frühstück, Schnorcheln, Kleinigkeiten reparieren, Infinity entsalzen, säubern und polieren. Torsten führt Korrespondenz mit Fa. Selden, Hallberg Rassy, sowie Riggern in Colon, um ein neues Want, das auf der Tour von Aruba nach Porvenir gerissen ist, zu bestellen. Außerdem lesen wir so viel wie möglich über Panama und die Durchfahrt durch den Panama Kanal, die als nächstes Ziel auf uns zukommt. Wir planen wie lange wir für Reparaturen, Bevorratung und Organisation der Tour durch den Panama Kanal benötigen.

 Zwischendurch kommen Gunas in ihren Ulus, den Kajaks, und bieten Obst, Gemüse, frische Hühnchen, samt Kopf und Füßen, glücklicherweise schon ausgenommen, an. Ich kaufe von allem, da sie erst in einer Woche wiederkommen wollen. Vom Salat, den Möhren, Brokkoli, den Tomaten und Gurken, Ananas und Papaya bin ich sehr angetan. Das Hähnchen wandert am nächsten Morgen allerdings über Bord. Ich hätte es am selben Tag noch kochen müssen. Unser Kühlschrank schafft es nicht so schnell ein so großes Teil zu kühlen – schade.

Im nächsten Ulu kommt das junge Guna Paar, dem ich bei Ankunft vor Porvenir, kurz vorm Sonnenuntergang, wir hatten gerade den Anker fallen lassen, versprochen hatte, später eine Mola zu kaufen, in der Hoffnung, dass sie uns am neuen Ankerplatz nicht finden würden.  Molas sind die hier traditionell genähten, aus mehreren Stoffschichten bestickten Stoffbilder, die Fische, Pflanzen oder Alltagssituationen beschreiben. Früher sollen sich die Gunas die Bilder auf den Körper gemalt und nackt zur Schau gestellt haben, bis die Missionare die Gunas überzeugten, Kleidung zu tragen und die Frauen mit der Fertigung der Molas begannen. Kunstvoll werden in 4-5 fach übereinadergelegte Stofflagen Muster geschnitten, die Kanten nacheinander nach außen geklappt und umsäumt, so entsteht ein plastisches Muster. Zierliche kleine Stiche werden noch obenauf gesetzt und alles fest benäht. Jeder, der etwas Ahnung vom Nähen hat, sieht, was das für eine Arbeit ist. 2 bis zu 4 Wochen, manchmal länger,  sitzen die Frauen an einer Mola. Also kaufe ich das erste Prachtstück.

Eine Mola als Computertasche
Eine Mola als Computertasche

 Einen Tag später kommt ein kleiner Guna Mann,  Venancio ist sein Name und er kommt von dem Inselchen Maquinak, ca. 8 sm entfernt, klettert mit 2 großen wasserdichten Fässern an Bord und breitet ein Kunstwerk nach dem anderen aus. Er beschreibt das traditionelle Handwerk und die Kunstwerke so schön und ich kaufe unsere zweite Mola, obwohl ich eigentlich gar keine kaufen wollte. Auch ohne viel Kenntnis lassen sich die wirklichen kunstvollen Molas schnell vom Touristenkram unterscheiden und irgendwie möchten wir die Menschen auch unterstützen. Ich weiß, dass ich eigentlich viel zu teuer kaufe, aber der kleine zierliche Mann, der halb durchnässt seine Kunststofftonnen wieder mit den ausgebreiteten Molas befüllt, macht einen guten Job. Er und seine beiden Helfer verabschieden sich und er lädt uns ein seine Insel zu besuchen.

 

Abends kochen, erzählen und lachen wir viel, gemeinsam mit Silke und Mathias. Da beide schon länger als drei Monate in den San Blas liegen, verfügen sie über eine Menge Erfahrungen.

 

11.02.2016 - Seit 2 Tagen bläst der Wind ordentliche 5-6 Knoten und es soll die Tage auf 8 Knoten aufbrisen. Unsere Energiebilanz wird durcheinander gebracht, da sich die Sonne immer mehr versteckt.  Unsere Sonnenkollektoren liefern zu wenig Energie, doch unser Generator arbeitet gut und füllt die Bordbatterien.

Gestern haben in der morgendlichen Panama Funkrunde zwei Amerikanerinnen von einem 2m langen Krokodil in den Holandes Cays, einer kleinen Inselgruppe in den San Blas, ca. 10 sm östlich von uns, berichtet. Ein seltsames Gefühl, nicht mehr an der Spitze der Nahrungskette zu stehen. Da werde ich gleich zum Schisser und weigere mich schwimmen und schnorcheln zu gehen. Obwohl, vielleicht gibt es noch Krokodilsteak, nachdem uns die Gemüsehändler nun doch im Stich lassen.

 Dupsuit Dummat

 

Am 17.02.2016 machen wir und SY Fajo uns auf, 13 sm von Yansaladup zu den Robeson Inseln. Das Manövrieren durch die Riffe gelingt uns gut, da die Karten von Eric Bauhaus sehr zuverlässig sind. Trotzdem bin ich angespannt und lasse Torsten nicht von seinem Beobachtungsposten, bis die ca. 10m breite Riffausfahrt überwunden ist. Wir passieren Inseln mit lustigen Namen, wie Ubicandup, die versunkene Insel Tupuludup ist nur noch als Sandbank und Riff zu erkennen, Tuwala, Tupsuit Pipigua und schließlich ankern wir vor Tupsuit Dummat. Die SY Fajo mit Silke und Mathias läßt den Anker nur 50m neben uns fallen.

Das Wetter beruhigt sich, die Sonne kommt heraus. Kinder und Erwachsene in ihren Ulus, den Einbäumen, hier oft bunt bemalt, kommen angepaddelt oder angesegelt und bieten Bananenstauden, Fisch und Molas an.  Lecker - nun ziert eine Bananenstaude Infinity am Heck und Torsten bereitet zwei 40 cm lange Bonitos (kleine Thunfische) für den Abend vor. Silke und Mathias haben von einem Guna 4 kleine Hummer gekauft. Heute Abend gibt es Thunfisch Sashimi und ein Thunfisch Curry mit Bananen und Gemüse. Morgen wollen wir unser eingefrorenes Rinderfilet mit Hummer als „Surf and Turf“ zubereiten.    …geht es uns gut!!!

Am nächsten Tag fahren im Fajo-Dinghi mit Silke, Mathias und dem Guna Führer Justino in den naheliegenden Fluss. Wir gehen auf Entdeckungsfahrt durch die Flussarme und wandern bergauf und bergab, kommen an einem Friedhof vorbei, sehen Männer, welche schwer bepackt Bananenstauden, Palmblätter und Gemüse zu ihren Kanus, den Ulus, tragen. Viele Familien besitzen im Urwald kleine Ländereien.

Neben zwei lautstark brüllenden Affen, Unmengen an Blattschneidearmeisen und Landkrabben, einige Vögel, sowie Hornhechte im Fluß, haben wir keine Tiere gesehen. …von den 1 – 2m langen Krokodilen war nichts zu sehen.

Justino lädt uns auf seine Heimatinsel Tupsuit Pipigua in sein Haus ein. Kinder spielen 20m neben der Insel Wasserball auf einer überfluteten Sandbank. Alles sieht idyllisch aus. Ein sehr traditionelles Dorf, in dem 11 Familien, alle mit einander verwandt, in Hütten aus Naturmaterialien wohnen. Die Wände sind aus 3-5cm dicken Bambusstäben. Zu langen Matten gebunden, bieten sie Blickschutz und Schatten und gleichzeitig lassen sie den Wind durch. Das Dach ist halb mit dicken Lagen aus Palmwedel, halb mit Wellblech gedeckt. Im Innern der Hütten nehmen sechs Hängematten den zentralen Raum ein. Auf einem Regal stehen abgedeckt 2 Autobatterien, Fernseher, Computer, Radioanlage und einige private Fotos. Justinos 2 Töchter sitzen an einem Kindertisch, fertigen aus winzigen Perlen mehrreihige Arm- und Fußketten an. Zuerst sehe ich die winzige Person, die in einer Hängematte zusammengekauert liegt, gar nicht. Justino stellt seine Mutter vor. Sie hat Fieber und ihr Trost sind ihre 7 Nuchus (persönliche, aus Holz geschnitzte heilige Figuren) in verschiedenen Größen, welche mit einigen anderen Gegenständen unter der Hängematte in einem Pappkasten stehen. Ein Eimer mit einer angefangenen Mola, Stofffetzen, bunte Garne und Zubehör stehen neben einem Stuhl, auf dem Justinos Frau sitzt. Der glatte, fast glänzende Lehmboden ist blitzeblank. Unsere dunkelblaue Bettwäsche, welche sie für uns gewaschen hat, hängt schon trocken auf der Leine vor der Hütte.

Die Küche ist ein nach 2 Seiten offener Raum mit Feuerstelle in der Mitte, einigen Holzbalken am Boden, sternförmig angeordnet, die einfach nach und nach in die Feuerstelle geschoben werden. Töpfe und Kochutensilien stehen neben der Feuerstelle auf dem Boden. Am Rand der Küche sehe ich eine große Wanne, die überquillt von leeren Aluminium Dosen. Justino sammelt diese Rohstoffe und verkauft sie an Kolumbianer.

Wir werden von unserem Gastgeber über die Insel geführt, an 11 kleinen Anwesen vorbei, die nur einen halben Meter über dem Wasser  liegen. Die meisten Hütten stehen so eng zusammen, dass gerade zwei Personen Platz haben sich in den Gassen aneinander vorbei zu zwängen. Da ich die erwachsenen Gunas einen Kopf überrage, stoße mir am Dachüberstand aus Palmwedel den Kopf. Alle Familien haben mehrere Kinder, die uns fröhlich hüpfend und schnatternd auf unserem Rundgang begleiten. Ein etwa 8 jähriger Junge zieht seinen Fingerverband ab und es sind zwei tiefe, lange, frische Schnitte zu sehen. Er sei gestern beim Spielen einer, in den Korallen lebenden, Muräne zu nahe gekommen. Natürlich versprechen wir ihm Hilfe, ebenso der Mutter und ihrem Baby, welches Ausschlag am Hals, Achselhöhlen und Genitalbereich hat und der fiebernden Mutter von Gustino.

Nachdem Silke und ich geeignete Medikamente und Verbandszeug zusammen gesucht haben, fahren Torsten und ich noch mal auf die Insel und versorgen alle Bedürftigen. Normalerweise wird der Medizinmann bei Krankheiten gerufen. Dieser bleibt stundenlang an der Hängematte der Erkrankten, in einen Singsang verfallen, sitzen. Auch werden die bespricht die Nuchus besprochen und damit die bösen Geister ausgetrieben.

Ehrlich, die Idylle ist schnell verschwunden. Bin ich froh, dort nicht leben zu müssen. Ich lese ja, dass die Gunas sich absichtlich von der westlichen Lebensweise fernhalten, um ihre Traditionen zu bewahren, aber dort zu leben ist wie in einem früheren Jahrhundert, mal ausgenommen des PCs, Fernsehers und anderen Erneuerungen. Strom gewinnen die Bewohner übrigens durch Sonnenkollektoren. Wenn es stark regnet und stürmt, kann es sein, dass die Gunas bis zu den Knöcheln in ihren Hütten im Wasser stehen. Auf Grund der mangelnden Inselgröße versuchen sie Land dazu zu gewinnen, indem sie kleine Gebiete von 50 – 100qm mit großen Steinen vom Meer abtrennen und diese mit Korallen auffüllen - eine schwere, jahrelange Arbeit.

Am nächsten Tag, dem 18.02.2016 brist es nach 2 sonnigen, windschwachen Tagen wieder auf. Nur wenige Guna treibt es bei diesem Wind der Stärke 5-6 in ihren Einbäumen raus. Kinder, sonst nicht von uns fernzuhalten, sind gar nicht zu sehen. Gegen Abend kommt Justino mit dem kleinen Jungen, dem wir gestern den Finger verbunden haben, zur Nachsorge vorbei. Der Finger sieht schon viel besser aus und Justino bekommt ein Päckchen mit Kernseife, Desinfektionsmittel, antibiotischer Salbe und Binden, sowie der Erklärung wann und wie oft er den Verband wechseln soll. Beide sind sehr zufrieden und Justino lädt uns, Silke und Mathias für morgen Abend zum Dinner mit der Frage zu sich ein, ob wir Fleisch in Dosen mitbringen könnten, Bananen hätte er genug. Nun gut, Bananen gehören wohl zur täglichen Speise.

Bevor wir am nächsten Tag, dem19.02.2016  um 18:00,  auf Tupsuit Pipiguo zu Gustino zum Dinner fahren, besuchen wir die nebenan liegende, etwas größere Insel Tupsuit Dammat. Neben einer Kirche und einer Schule gibt es einen großen Congreso, einer hallenähnlichen Hütte, in der abends die Chiefs und alle Bewohner diskutieren, Beschlüsse fassen oder einfach nur reden. Es fällt auf, dass die Hütten, im Gegensatz zur kleineren Insel Tupsuit Pipigua, mit Zäunen aus Bambusrohrmatten voneinander abgegrenzt sind und Holztüren mit Schlössern besitzen. Eine große, auf Betonstelzen gesetzte Plattform mit angrenzendem Haus aus Holz soll ein Spielplatz für die Kinder und Kirche werden. Wir sind beeindruckt.

Um 18:00 begrüßt uns Justino herzlich und führt uns in die offene Küche der Familie. Silke hat einen Topfkuchen gebacken, verschiedene Kleinigkeiten für die Kids und Erwachsenen dabei. Wir steuern Cornedbeef und Getränke bei. Der kleine Tisch mit Stühlen, an dem am Tag zuvor die Kinder in der Hütte an den Perlenbändern gearbeitet haben, ist für uns in der Küche als Esstisch hergerichtet. Wir bekommen jeder eine Schale mit gekochten Bananen in Kokossauce, dazu Schälchen mit Salz und Lemon Saft, sowie das von uns mitgebrachte Cornedbeef auf separaten Tellern angeboten. Bananen stehen täglich auf der Speisekarte, jedoch meist ohne Fleisch. Diese grünen Kochbananen schmecken ähnlich wie Kartoffeln, könnten für unseren Geschmack etwas kräftiger gewürzt sein. Justino und seine Familie essen getrennt von uns in der Hütte. Schade, wir hätten sie gerne näher kennengelernt. Nach gut einer Stunde ist alles vorüber. Justino beschwört uns in 5 Tagen wieder zu kommen, um das große Fest der Unabhängigkeit mit zu feiern, welches auf Tupsuit Dammat stattfindet. Aha, daher wohl auch die neuen Pfahlbauten.

Am Tag drauf, am 20.02.2016,  gegen Mittag holen wir den Anker auf. Auf geht es - 12sm zu den Gunboat Islands, mehrere im Kreis liegende Miniinseln und Riffe, wo wir, laut Segelführer, ruhig vor Anker liegen können. Der Wind kommt mit 6 Bft aus NO, wir segeln zuerst mit Genua und Groß im zweiten Reff hart  am Wind, Segel auf Steuerbord. Wir sind jedoch vorsichtig, da unser diagonales Steuerbordstag gebrochen ist und beschließen nur dann mit Unterstützung des Groß zu motoren. Vor Anker stellen wir fest, dass dies unser bisher rolligster Ankerplatz im San Blas Gebiet ist. Die Fajao`s haben leckeren, gerade gefangen Fisch von Gunas gekauft – wieder mal ein tolles Dinner.

Geschichte und Traditionen der Guna Indios

 

Die 365 Inseln erstrecken sich als autonomes Gebiet entlang der panamaischen Karibikküste von El Porvenir bis hin zur kolumbianischen Grenze. Die Mehrheit der tropischen, mit Palmen bewachsenen Inseln ist durch große Korallenriffe geschützt. Die Unterwasserwelt ist noch intakt und der Archipel reich an bunten Korallen voller Tintenfische, Krabben, Hummer, Muscheln und Fischen.


Die Inseln werden von etwa 25.000 Gunas auf 57 Inseln bewohnt. San Blas wird von den Guna in der eigenen Sprache „Guna Yala“ genannt. Die Guna flohen aufgrund der spanischen Invasion im 17. Jahrhundert auf dieses Inselsarchipel und kämpften später gegen die
Entdecker der Neuen Welt und Piraten. Schließlich widersetzten sie sich auch erfolgreich Panamas Regierung in blutigen Auseinandersetzungen und konnten 1930 das autonome Gebiet Guna Yala gründen. Die Guna haben eine eigene Stammessprache und eine Fahne, auf der ein Hakenkreuz den Oktopus symbolisiert, welcher der Sage der Guna nach die Welt erschaffen hat. Bis wir wussten, was das Hakenkreuz hier symbolisiert, waren wir schon irgendwie erstaunt.

 

Guna Yala ist insoweit unabhängig von Panama, dass sie nach ihren eigenen Sitten und Gebräuchen leben. Konservative Gunas leben noch in Hütten aus Palmmaterial, andere haben Mauern aus Stein. Wer es sich leisten kann, deckt sein Hüttendach mit Palmwedel, die so perfekt in mehreren Lagen gelegt sind, dass auch bei heftigsten Niederschlägen in der Regenzeit kein Tröpfen ins Innere der Hütten läuft. Dies kann verglichen werden mit den Reetdächern der früheren Bauerhäuser.

 

Die Gunas haben strenge Regeln, da sie über die Jahrhunderte mit anderen „Besuchern“ nur schlechte Erfahrungen gemacht haben. Hier einige Regeln:

 

·        Ausländer dürfen kein Land erwerben und keine Geschäfte auf Guna Yala tätigen.

 

·        Gunas dürfen nur innerhalb der eigenen Gesellschaft heiraten, was leider auch zu genetischen Veränderungen, wie Albinismus, führt. Die Strafe bei Missachtung ist der Verstoß aus der Guna Gesellschaft.

 

·        Keine Kokosnuss darf einfach aufgelesen und mitgenommen werden. Jede Nuss hat ihren Eigentümer.

 

·        Früher haben die Gunas in ihren Gebieten Gold geschürft und verkauft. Die Gier anderer Länder führte dazu, dass nun noch nicht einmal die Gunas selber die Goldklümpchen in den Flüssen sammeln und verkaufen dürfen. Sie sind recht autark, gewinnen Strom durch Sonnenkollektoren, haben Wasserleitungen vom nahen Festland, wo sie eigene Ländereien besitzen und bewirtschaften.

 

Jede Insel hat drei Chiefs,  genannt Saila, die das „Alte Wissen der Gunas“ hüten, wobei einer Hauptchief ist und einen Interpreter neben sich hat, der die weisen Worte des Sailas übersetzt. Abends treffen sich alle Gunas in der Congreso Hütte, im inneren Ring die Frauen und Kinder, im äußeren die Männer. Jeder kann Wünsche, Ideen und Beschwerden vortragen. Es wird endlos mit den Sailas diskutiert, die in Hängematten  sitzen. Einmal im Jahr, im Januar, werden alle Inseln durch den höher gestellten Congreso, mit gewählten Sailas vertreten und dabei unter anderen, neue Gesetze erlassen.

 

Guna Land ist eine matriarchalische Gesellschaft, wo die Frauen in sozialen und rechtlichen Bereichen die zentrale Stellung haben. So suchen Frauen ihre Ehemänner aus und diese ziehen nach der Heirat zur Familie der Frau. Wenn sie verheiratet sind, tragen die Frauen als Statussymbol einen goldenen Nasenring. Die traditionellen Familien leben vom Fischfang, Anbau und Verkauf von Kokosnüssen und anderen Gemüsen bzw. Obstanbau. Die Gunas leben recht stressfrei, zumindest nach unserem Empfinden. Früh morgens paddeln oder segeln sie mit ihren Einbäumen, den Ulus, aufs Festland, wo sie im Urwald Felder bewirtschaften, Feuerholz sammeln oder auf Fischfang gehen. Die Frauen stellen die weitbekannten Molas her, die anstatt der früheren Körperbemalung, welche die Missionare unschicklich fanden, die bunten Vorder- und Rückseiten der Blusen der Frauen schmücken. Diese bestickten Stoffe mit Motiven aus dem Alltagsleben bis hin zu  politischen / sozialkritischen Situationen sind sehr wichtig in der Tradition der Gunas. Teilweise arbeiten Frauen Wochen bis Monate an einer Mola.

 

Der Tourismus spielt im Vergleich zu anderen karibischen Inseln auf den San-Blas-Inseln eine kleinere Rolle und ist nicht auf Massen- oder Luxustourismus, sondern eher auf Backpacker Standard, ausgelegt.

 

Die San-Blas-Inseln sind ein tolles Segelrevier. Die Inselgruppen liegen meist nicht mehr als eine Tagestour voneinander entfernt. Da die Riffe Wellen und Dünung abhalten, ist das Segeln eher wie auf einem riesigen Binnensee. Dir wunderschöne Natur und die Freundlichkeit ihrer Bewohner tun ein Übriges.

 

 (Quelle z.T. Wikipedia)

 

 

 

Lisa - ein Guna Transvestit - eine Mola Masterin - Führerin und Reiseleiterin im Guna Yala Land …..

 

 

 

Die Molas, die Lisa an die Segler aus ihrem Einbaum verkauft, haben hohe Qualität. Sie erklärt, während sie die Molas anbietet, die gestickten Bilder und hat viele Geschichten parat.

 

Werden in einer Familie nur Jungen geboren, erzieht man den zuletzt Geborenen einfach als Mädchen, so ist ein Transvestit nicht mit dem negativen Beigeschmack behaftet, wie in der westlichen Welt, sondern in der matriarchalischen Gesellschaft ein wichtiges vollwertiges Mitglied, denn wie in der westlichen Welt Söhne eine herausragende Rolle spielen, sind es im Leben dieser Indios die Töchter.

 

Wenn die Töchter ihre erste Menstruation haben, werden ihnen die Köpfe kahl geschoren. Sie bekommen traditionell eine Kalabasse (Kürbisgefäß) und tragen ab nun Molas und breite, bis zu den Ellenbogen gehende Armbänder und Fußbänder, die zum Knie gehen, aus kleinen Perlen. Arm- und Fußgelenke bleiben ganz zart wie bei Kindern. Das ganze Dorf nimmt Anteil an dem Lebensabschnitt. Diese Tradition haben wir nur noch in den traditionellen Dörfern gefunden. Immer mehr macht sich bei den jungen Gunas die westliche Lebensweise breit.

 

Wir erfahren, dass die Guna Indios mit ihrer Hängematte sehr eng verbandelt sind. Ziehen die Gunas um, kommt die eigene Hängematte mit. Sie werden sogar in dieser begraben. Bei Krankheiten kommt der Medizinmann. Er entscheidet, welche Pflanzen zur Anwendung kommen – als Tee, Salbe oder eingeatmet in geräucherter Form. Es wird immer „Bettruhe“ verschrieben, also Hängemattenruhe - und der Schamane sitzt neben dem Kranken, stimmt seinen Singsang an und verbringt viel Zeit an der Seite des Erkrankten. Traditionell werden geschnitzte Nuchos, kleine, bis 30 cm große, geschnitzte Holzfiguren für den Schutz vor Unheil, verschenkt. Diese werden den Schamanen in Krankheitsfällen zur Heilung, heißt zum Besprechen, übergeben und letztendlich auch mit ins Grab gelegt. Es kann sein, dass ein Guna mehr als 20 Nuchos sein Eigen nennt. Klassische Medizin oder gar Operationen werden nicht gutgeheißen. Lisa erklärt, dass ein Kranker, der `aufgeschnitten` stirbt, zwar traditionell beerdigt werden kann, aber seine Seele nicht aufsteigen kann. Der Tote erscheint seinen Nachkommen in Träumen, solange, bis Nachsicht mit seinem „medizinischen Vergehen“ geübt wird und seine Seele frei gegeben wird.

 

Die Gunas glauben an EINEN Gott, der für die gesamte Welt da ist. Für uns eine Vorstellung, die sympathisch erscheint und so manchen Glaubenskrieg verhindern könnte. Alles ist gottgewollt – regionale Veränderungen, die wir beispielsweise auf den Klimawandel schieben, Albinos, die hier häufig geboren werden…

 

Viel Konfrontation gibt es mit den traditionell lebenden Gunas und denen, die der Zivilisation zu sehr zugewandt leben. Die Kinder schickt man in Schulen, auch zum Studieren nach Panama City. Da prallen Welten aufeinander – einerseits brauchen die Indios gebildete Nachkommen, um sich in ihrer Tradition und Isoliertheit behaupten zu können. Andererseits schimpft Lisa, die zum Jahreswechsel ihre Nichten in der Hauptstadt besucht hat, über rot gefärbte Haare, lackierte lange Nägel, die westliche Art zu schminken …. Auch die Gunas färben, lackieren und schminken oder tätowieren sich – aber halt traditionell.

 

Um ein Handy kommt kaum noch jemand drum herum…auch Lisa nicht!!!!

 

Wir haben unsere dritte Mola natürlich bei Lisa gekauft und sie uns von ihr als Computertasche umarbeiten lassen.

 

 

Mit Guna Lisa durch den Sidra Fluß….

….ist ein kleines Abenteuer für sich. Zumindest bei dieser Tour, jede ist anders auf Grund der Wetterverhältnisse, haben wir, das sind Silke, Josefine und Ronny von der SY Fajo, sowie Torsten und ich, unsere Körper gespürt. Der Wasserspiegel im Sidra Fluss ist  so flach, dass er vom karibischen Meer durch eine ca. 10m breite Sandbank getrennt ist. Das heißt, wenn wir das Ulu nicht über die Sandbank in den Fluss befördern, gibt es keine Tour. So sammeln wir dicke Äste und dünne Stämme, platzieren alle vor dem Kanu, bekommen unseren Platz um das Ulu herum von Lisa zugeteilt und auf Kommando schieben wir das Ulu auf die runden Holzteile, die auch mehr oder weniger gut rollend das Kanu Richtung Fluss befördern. Nach 20 anstrengenden Minuten und erleichterten Mienen geht’s flussaufwärts bis zum Friedhof von Lisas Familie, wo sie liebevoll mit ihrer Mutter, Ihrem Vater und anderen verstorbenen Verwandten spricht. Alle Verstorbenen haben ihre Geschichte und sind nicht vergessen. Lisa erzählt, dass ihre verstorbene Mama ihr im Traum erschienen sei. Sie hätte Lisa, ihr Lieblingskind, gerne bei sich und fragt, ob sie ihr vielleicht eine Krankheit schicken dürfe. Lisa erklärt der Mutter, dass es noch nicht möglich sei, zu ihr zu kommen, denn sie würde in ihrem Dorf noch gebraucht. Von den Geldern, die sie mit den Ausflügen verdient, gibt sie 50% an ihr Dorf auf der Insel Sidra ab. Lisas Mutter wünscht sich ihre „Tochter“ sehr zu sich und Lisa redet mit ihr noch kurz am Grab, verspricht, dass sie spätestens in 5 Tagen wieder kommen werde

 

Weiter durch den Urwald geht es zum Fluss, den wir zuerst durchwandern, manchmal können wir ihn nur schwimmend bezwingen. Zwischendurch rutschen wir über kleine Wasserfälle oder springen von 2 -3m hohen Felsen in tiefe Wasserlöcher. Nach 4 Stunden beginnt erneut die Herausforderung das Ulu über die Sandbank zu befördern, was sich nun schon etwas profimäßiger gestaltet. Nass, aber glücklich, zufrieden und ein wenig erschöpft bringen uns Lisa und Ihr Kanufahrer zurück zur Infinity und Fajo.

 

 

(Danke an Silke von SY Fajo, die mir einige Informationen zu den Traditionen der Guna zur Verfügung gestellt hat)

 

 

Kulinarische Reise durch San Blas……

 

Je länger Segler im paradiesischen San Blas Gebiet verweilen wollen, umso geplanter sollte die Proviantierung im Vorfeld  sein. In unregelmäßigen Abständen kommen zwar Veggie Gunas in ihren Ulus vorbei und bieten Früchte, Gemüse, manchmal auch mehr oder weniger frische Hähnchen, Bier und Rum an. Wer am längsten vor Anker liegt wird zuerst angefahren, somit beißen die Letzten die Hunde….Ach ja, und mit etwas Glück bieten vorbeifahrende Gunas selbst gefangene Langusten, Tintenfische oder andere Fische an. Alle weiteren Lebensmittel, die uns lieb und teuer sind, wie Wurst, Käse, Butter, Oel, Pasta, usw. sind hier nicht zu bekommen und das sind in der Praxis eine ganze Menge.

Umso erstaunlicher ist es, dass Silke und Mathias von der SY Fajo und wir von der Infinity in abendlichen, abwechselnd zubereiteten meistens „Drei Gänge Menüs“  geschwelgt haben und das mehr als drei Wochen, sehr motiviert. Irgendwie hat alles gepasst. Wenn es kein frischer Fisch von den Gunas oder unseren Speerfischern Torsten und Mathias abends vorhanden war, wurden die selbst eingekochten Gläser geöffnet und lecker verarbeitet oder manchmal stand auch mal Vegetarisches auf der Karte. Wir haben in der ganzen Zeit in der Karibik nicht so ausgezeichnet diniert. Vielleicht haben wir das abendliche Essen auch so genussvoll zelebriert, weil alles sorgfältig geplant werden musste und kein Supermarkt für Spontankäufe in der Nähe war. Ich denke oft an unseren schönen „Schlemmer-Ostseetörn“ mit Frank und Karl zurück, wage aber zu behaupten, dass die Zeit im San Bals Gebiet mit 100%iger Selbstverpflegung ebenso gut war. So viel frisches Obst und Gemüse, sowie Langusten und anderen frischen Fisch haben wir noch nie gegessen.

 Öko Tourismus….

 

Die Inselgruppe Coco Banderos ist ein Traum. Wir ankern zuerst zwischen Orduptarboat und Little Ortup und ein paar Tage später zwischen Tiadup, Dupwala und Olosicuidup. Es sind gepflegte Inseln mit ein paar Bambushütten. Morgens, sobald es hell wird, fegen die Gunas den Strand von Tiadup blitzeblank. Während wir uns noch überlegen, wann wir per Dinghi unsere Aufwartung machen, sehen wir 2 Ulus von der Insel kommend, mit jeweils einer Familie drin, an Infinity winkend und lachend vorbeisausen. Kurze Zeit später landen mehrere Boote, voll mit etwa 20 jungen Leuten und Kite Equipment, auf der Insel und ein ca. 18 m langer Segler, der wohl für die Organisation zuständig ist, legt sich vor uns.  Urlauber, die 3 Tage mit Kite Surfen, Schnorcheln und Beachball auf Tiadup in Bambushütten mit Hängematten verbringen. Am Nachmittag des 3. Tages zieht bzw. kitet die ganze Karawane einige km weiter zu den nächsten Inseln. Keine zwei Stunden später kommen die Gunas, die die Inseln bewirtschaften und sauber halten, mit Kind und Kegel zurück. Ist das „Öko Tourismus“? In unserem Törn Führer wird noch vom Kite Surfen und Speerfischen abgeraten, um die Gunas nicht zu verärgern – so schnell ändert sich auch die Guna Welt.

 

Wie lange wird es die Guna Yala Inseln und ihre Kultur in der jetzigen Form noch geben?

 

Bei der jetzigen Prognose des steigenden Meeresspiegels werden die Inseln in absehbarer Zeit von der Weltkarte verschwinden. Wir sind an zwei auf der Karte eingezeichnete Inseln vorbeigesegelt, die in Natura nur noch als Riffe existieren. Die meisten Inseln liegen etwa 1 m über dem Meeresspiegel, wenn sie nicht zusätzlich aufgeschüttet sind. Bei Sturm und hohem Wellengang stehen viele Gunas in ihren Hütten bis zu den Knöcheln im Wasser.

Die Inseln Nargana und Corazon de Jesus (Herz des Jesus), in der Guna Yala Sprache Yandup und Akuanusatupu, haben sich von der Guna Tradition getrennt. Sie sind, im Vergleich zu den Traditionsinseln eine trostlose und verdreckte Kommune, mit einem „Tante Emma“ Laden, in dem wir Obst, Gemüse und ein Hähnchen  kaufen. Der Fortschritt in Form von Schulen am Ort, Internet, TV, einer Bank, Bücherei, Strom, Bars und einigen Geschäften ist unverkennbar. Ich habe kein gutes Bauchgefühl in dieser moderneren Gesellschaft. In der Bank, bewacht von Soldaten, bekommen wir kein Geld. Es gibt kein ATM Schalter. In dem Restaurant am Hafen sind die Bedienung und das Essen sehr, sehr schlecht. Molas sind nicht mehr angesagt,  nur noch ganz alte Damen tragen sie. Es wird überall Alkohol ausgeschenkt und abends hören wir laute Discomusik und Geschrei zu unseren Ankerplatz herüber schallen. Ich war der Meinung, dass die Trennung von der Tradition der Grund für das „Verslumen“ der Orte sei. Die Carti Insel Sugdup wird regelmäßig von kleinen Kreuzfahrtschiffen besucht. Der westliche Kontakt, Internet, westliche Musik weckt Begierden, die das Beste tun, die Traditionen zu untergraben. In dem kleinen Museum erklärt ein Guna die Lebensweise, den Glauben und die Geschichte der Gunas und weist daraufhin, dass die Tradition sehr wichtig auf den Inseln sei. Die Schüler, die uns begegnen, tragen blütenreine Hemden und Uniformkleidung. Die Zustände in und hinter den Hütten sind jedoch genauso katastrophal wie auf Nargana. Vielleicht bringt das enge Zusammenleben auf den Mini Inseln einfach solche Zustände mit sich???? Ich weiß es nicht. Was mir viele traditionell lebende Gunas voraushaben, ist eine Zufriedenheit und Bescheidenheit, die ich bewundere. Ich bin dankbar diese Kultur und ihre Menschen, wenn auch nur ein kleines bisschen, kennengelernt zu haben.

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Ferdinand Magellan

 

Wir haben ihn endlich mit der Kamera erwischt - unseren Blinden Passagier aus Australien. Er ist mittlerweile groß geworden und wir hoffen, dass er noch einige Zeit bei uns bleibt.

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