Samoa 2019

Papier aus Baumrinde
Papier aus Baumrinde

Talofa Samoa – Guten Tag Volk des Ozeans

 

Von Samoa und Tonga aus sind die Polynesier zu Beginn der neuen Zeitrechnung nach und nach über Niue, Cook Inseln, Französisch Polynesien (Gesellschaftsinseln, Tuamuto, Marquesas) weiter westlich bis zu den Osterinseln und dann zu den Hawaii Inseln auf ihren mehr und minder großen Doppelrümpfen gesegelt. Obwohl Tahiti, Palmerston, Niue und Samoa gar nicht so weit voneinander im Pazifik entfernt liegen und die Bewohner alle aus einem Familienverbund laut DNA Untersuchung kommen, sehe ich große Unterschiede in der jeweiligen Lebensweise. Das mag auch am Einfluss der Kolonialmächte liegen. Samoa ist bisher für mich die Insel mit der ursprünglichsten Gesellschaftsform.

Apia selbst, der Hauptort auf der kleineren Insel Opulo, erkunden wir zu Fuß in den ersten Tagen nach unserer Ankunft. Wir gehen auf der Promenade oder besser Wellenbrecher den ganzen Küstenabschnitt bis zum Ende entlang. Der restaurierte deutsche Flaggen Gedenkstein, wo am 01. März 1900 die deutsche Flagge 14 Jahre zum ersten Mal geweht hat.

Der Besuch des „Apia Samoan Cultural Village“ hat uns auch sehr gut gefallen. Wöchentlich an mehreren Tagen werden von 11:00 bis 14:00 alte Handwerke gezeigt und erklärt. Mich hat besonders die traditionelle Weise Tatoos in die Haut zu klopfen beeindruckt.

To Sua Ocean Trench
To Sua Ocean Trench

Tai, ein Taxifahrer, hat uns zwei Tage über die Insel Opulo gefahren. Opulo ist sehr grün, manchmal fahren wir mitten durch den Urwald. Obwohl Mai bis Oktober üblicherweise wenig Regen fällt, haben wir während unseres zweieinhalb wöchigen Aufenthaltes nur 2 regenfreie Tage gehabt. Nach einem tropischen Regenschauer, das heißt drei Schritte durch den Regen gehen und ich bin pitschenass bis auf die Haut. Der Urwald dampft und ein Duft von feuchten Pflanzen, von Erde und ungewohnten Aromen steigen ins Auto. An den Straßenrändern trotten Sauen mit ihren Ferkeln entlang. Sie sehen wie ein Mix aus Wild- und Hausschwein aus. Mit den vielen Hunden auf Samoa hab‘ ich keine Freundschaft geschlossen. Bei meinen Versuchen morgens zu joggen haben sie sich von ihrer bedrohlichsten Seite gezeigt. 

Coastal Walk
Coastal Walk
Sliding Rock
Sliding Rock

Wir besuchen mit Tai mehrere Wasserfälle, die teilweise aus schwindelerregender Höhe in mehreren Kaskaden herabstürzen. Im unteren Becken kann man sich schön abkühlen.

Die Papase`ea Sliding Rocks sind nur kleine Wasserfälle, der höchste ist 5m hoch. Es soll ein Wahnsinnspass sein sich die 5m von den mit Moos bewachsenen glitschigen Steinen durch den Wasserfall in den Naturpool hinabrauschen zu lassen, ohne zu erkennen was einen unten erwartet. Da sich unten im Pool schon einige Touristen lustig tummeln, überwinde ich mich und rausche in die Tiefe. Etwas zittrig im Pool angekommen bewundern mich die Badenden und sagen so was würden sie sich nun nicht trauen.

Auch das natürliche Wasserloch “To Sua Ocean Trench”, in das eine lange Leiter hinab führt, ist wunderbar erfrischend.

Der „Coastal Walk“ an der Südküste führt uns durch den Urwald und dann über die erkaltete Lava direkt am Meer entlang. Manchmal schießen die heranbrausenden Wellen hoch über die Lavaklippen. Sehr beeindruckende Natur.

Eintrittskarte
Eintrittskarte

Zwei Highlights waren zum einen die Abschluss Feier der Pacific Games und der Rugby Pacific Nations Cup Samoa vs. Tonga, das aufgrund des vielen Regens zu einer Schlammschlacht wurde. Die Rasenfläche ist mit Sicherheit für die nächsten Monate gesperrt. 

Nirgendwo auf der Insel liegt Müll, überall wird gefegt. Gehwege gibt es kaum. Dunkel vermummte Samoaner halten die Rasenflächen mit kräftigen Trimmgeräten kurz.

Besonders in den Dörfern wohnen viele Samoaner noch in den traditionellen Fale, den Häusern ohne Wände, wie es früher Tradition war. Sie haben eine Grundfläche 50 bis zu 100m² und bestehen aus gemauerten Sockeln und verziertem Holz- oder Betonsäulen, die einfache Wellblechdächer, früher Dächer aus Naturmaterialien, tragen. Angeschlossen an diese offenen Fale findet sich oft ein kleiner Anbau oder sogar ein herkömmliches Haus nebenan. Während ich Tai frage, ob die geschlossenen Häuser vielleicht eine gewisse Rückzugmöglichkeit und Intimität bieten, meint er, dass das Klima sich auch hier ändere, das Cyclone zunehmen, ja sogar schon 2 Tsunamis Samoa geschädigt hätten. Da würden sich einige Samoaner in den geschlossenen Häusern sicherer fühlen.

Die Samoa - Tonga Schlammschlacht
Die Samoa - Tonga Schlammschlacht
Apia Große Kirche
Apia Große Kirche

Prachtvolle und weniger prachtvolle Kirchen gibt es in jedem Stadtteil für jede Glaubensrichtung. Bevor die Europäer eintrafen, wurde auf Samoa auch nur ein Gott verehrt. Dieser wurde Tangaloa genannt und war der Himmelsgott und der Vater der Schöpfung. Vielleicht war dieser Glaube an einen einzigen Gott ein Grund, weshalb die Samoaner dem Christentum so aufgeschlossen gegenüber waren. Der Glaube und seine hier auf West Samoa konservative Auslegung werden sehr ernst genommen. Keine Arbeit, gesittete Kleidung und Kirchgang für die Samoaner sind ein Muss am Sonntag. Kein Restaurant, kein Geschäft hat sonntags geöffnet. 

Die Straßenränder sind alle paar Meter mit Fähnchen und bunt angemalten Kokosnüssen, die auf in die Erde gesteckte Stäbe drapiert wurden, geschmückt und viele Autos tragen Samoa Flaggen. Grund sind die zurzeit auf Samoa ausgetragenen Pacific Games, eine kleinere Variante der Olympischen Spiele. Die Samoaner sind sehr stolz auf die inzwischen dritten Pazifischen Spiele auf ihrer Insel. Wir schauen uns die Abschlussfeier im Apia Stadion an und sind besonders begeistert vom Feuertanz zum Abschluss der Spiele. Akrobaten jonglieren wild mit an beiden Enden brennenden Fackeln. Auch das Abschluss Feuerwer ist voll gelungen.

Wir können nicht nachvollziehen, warum wir von der Immigrationsbehörde nur 5 Tage anstatt unsere gewünschten 10 Tage zum Besegeln der größeren Inseln Savai`i erhalten haben. Nun gut, dann verzichten wir auf das Segeln und bleiben für die weiteren 10 Tage in der Marina von Apia und gehen eine Woche jeden Tag früh morgens um 7:00 auf einem der beiden Golfplätze golfen. Wir sind begeistert, zumal 18 Loch spielen günstig und abenteuerlich ist. Der Royal Golf Course, mitten in den Urwald gestaltet, schon etwas überholungsbedürftig, aber klasse und schwierig zu spielen. Der Faleata Course ist moderner, etwas gepflegter und auch einfacher zu spielen. Nur der immer wieder einsetzende tropische Regen unterbricht das Spiel.

Faleata Golfplatz
Faleata Golfplatz
Mit unserem Fahrer Tai
Mit unserem Fahrer Tai

Samoaner sind sehr freundlich und hilfsbereit. Unser Fahrer Tai erklärt alle unsere Fragen, mögen diese auch noch so persönlich sein. Soweit ich verstanden habe, spielt die Familie die größte Rolle in der samoanischen Gesellschaft. Die Eltern und Schwestern werden besonders hervorgehoben. Die Regeln des Zusammenlebens werden immer noch vom Matai, dem gewählten Clanführer, bestimmt. Den Matai gibt es als Oberhaupt in der Großfamilie, in den Gemeinden und in höchsten politischen und sozialen Positionen. Als Familienoberhaupt ist der Matai für alle Belange seiner Familie zuständig. Er schlichtet Streitfälle innerhalb der Familie, kann Bestrafungen anordnen und vertritt in auswärtigen Belangen. Bei Vergehen seiner Familienangehörigen ist er jedoch auch haftbar.

Ein Matai kann seines Amtes enthoben werden, wenn er aus Gesundheits- oder Altersgründen nicht mehr in der Lage ist, dieses auszuüben. Dabei behält er jedoch seinen Matai-Titel. Dieser wird lediglich bei schwerwiegenden Verfehlungen wie Mord oder Vergewaltigung aberkannt, was für die Person und deren Familie eine große Schande bedeutet. Zwar sind die Funktionen der Matai nicht erblich wie in der Aristokratie des benachbarten Königreichs Tonga, aber ein neuer Matai kann nach dem Tod seines Vorgängers das Land nach eigenem Gutdünken verteilen. Eine seltsame archaische Sozialstruktur ist das, patriarchalisch und das Wohl der Gemeinschaft geht vor dem Einzelnen. Es sollen schon Bestrafungen von Matais ausgesprochen worden sein, die für kleine Vergehen oder Ungehorsamkeiten sehr hart waren und die dann von höher gestellten liberaleren Matais abgemildert wurden. Dies alt hergebrachte Sozialsystem ist für moderne, intelligente und arbeitsame junge Leute wohl schwer zu akzeptieren, da immer mehr junge Leute auswandern.

Tatoo
Tatoo

In Samoa wird traditionell noch viel tätowiert, was früher wichtig für einen Matai war, der Mut und Kraft beweisen sollte. Es werden überwiegend die Männer von der Taille bis zu den Knien voll tätowiert, was in etwa so aussieht, als hätte der Tätowierte eine Radler Hose an. Die Tätowierungen sind meistens durch die Lava Lava, dem „Rock“ für Männer im Alltag verdeckt und werden nur zu rituellen Anlässen und Tänzen gezeigt. Die Frauen werden nur am Oberschenkel und an den Händen tätowiert.

Früher mittels Haizähnen und heute oft mit Titannadeln wird der Farbstoff in einer sehr schmerzenden Prozedur in die Haut "gehämmert". Der Vorgang des Tätowierens muss in einem Arbeitsgang erfolgen und darf nicht unterbrochen werden. Wir konnten einer Tätowierung nach alter Tradition zusehen. Es muss wirklich seeeeehr schmerzhaft sein.

Wahrscheinlich waren diese Sozialen Strukturen schon immer so und vielleicht war dies ein wiederkehrender Anlass und wichtiger Antrieb dafür, dass junge Männer und Frauen sich in Kanus gesetzt haben, auf ihren Booten dem Horizont entgegengefahren sind und neue Inseln gesucht haben, um ihr eigenes Reich zu gründen. Vielleicht hängt das Geheimnis der Eroberung und Besiedelung des riesigen Pazifiks mit diesen wiederholten Ausbrüchen aus der Enge einer autoritären, bevormundenden Gesellschaft zusammen. Ein interessanter Ansatz für eine anthropologische Untersuchung. (Diese Überlegungen habe ich in einem Artikel über Samoa gefunden)

Was sich auf allen Inseln im Pazifik, die wir besucht haben, gehalten hat, ist die Versorgung der Eltern im Alter, die im Durchschnitt 4 – 5 Kinder haben. Normalerweise kümmert sich eine Tochter um das Wohlergehen im Alter. Sind nur Söhne in der Familie, wird der Sohn, der den Eltern am Nächsten ist als Fa'afafine erkoren. Fà afafine bedeutet: „wie eine Frau“. Dieser Junge wird als Mädchen erzogen. Auf Samoa ist es keine Seltenheit, dass Männer als Frauen gekleidet herumlaufen und sich wie solche benehmen. Sie sind traditioneller Bestandteil der samoanischen Kultur. Da Fa'afafine sowohl Frauen- als auch Männerarbeit verrichten, sind diese in ihren Familien sehr geschätzt. Allerdings ist Homosexualität verboten. So ist es keine Seltenheit 2 Frauen in der Öffentlichkeit in Umarmung zu sehen. Sie leben in ihrer eigenen Familie wie Mann und Frau gemeinsam mit ihren Kindern. Und so sind die Eltern bis zum Ableben versorgt. Natürlich wird auch von den in Neuseeland und Australien lebenden Familienangehörigen Geld geschickt.

Ich habe noch auf keiner Insel so viele übergewichtige Menschen wie auf Samoa gesehen. Dick sein bedeutet wohl immer noch reich sein in diesem Teil der Welt. Und es gibt dort so viele stark beleibte Menschen, dass, so wurde mir berichtet, Samoa Air 2013 begonnen hat, die Preise der Flugtickets auch nach dem Gewicht der Fluggäste zu berechnen.

Standort der ersten Deutschen Flagge
Standort der ersten Deutschen Flagge

Nachdem es unter königlichen Familien um 1870 zum Herrschaftsstreit kam, versuchten die Briten, Amerikaner und Deutschen Samoa zu übernehmen. Letztendlich wurde Samoa in Amerikanisch-Samoa und Deutsch Samoa für die Deutschen geteilt, die hier von 1900 bis 1914 Einfluss ausübten. Da die Briten den deutschen Einfluss zu untergraben versuchten, indem sie Land zu kaufen wollten, unterbanden die Deutschen den Landaufkauf für Ausländer. Auch heute ist es für Ausländer nur möglich Land nach 10jährigem Aufenthalt auf Samoa oder Heirat mit Einheimischen möglich. Jede samoanische Familie besitzt Land, auf dem Früchte und Gemüse, sowie Tiere gezüchtet werden können. Wenn Familienmitglieder in Neuseeland leben, kümmern sich daheim gebliebene Familienmitglieder um den Besitz.

Jährlich können 1.000 Samoaner nach Neuseeland auswandern und die volle Staatsbürgerschaft bekommen. Bewerbungen werden ausgelost. Tai und seine Familie haben dieses Jahr, nach der dritten Bewerbung, eine Einwanderungszusage erhalten und werden 2020 im April nach Neuseeland übersiedeln. Tai verspricht sich eine bessere Ausbildung für seine vier Kinder und hat nach, vor deren Ausbildung, nach Samoa zurück zu kehren.

Obwohl Westsamoa nun schon mehr als 55 Jahre selbständig ist, werden sie wirtschaftlich sehr von Neuseeland und Australien unterstützt. Aus wirtschaftlichen Gründen rückte Samoa noch näher an Neuseeland und Australien, indem es 2011 die Datumsgrenze wechselte, ist also nicht mehr der Staat, in dem die Sonne zuletzt untergeht, sondern der, über dem sie laut internationaler Konvention als erstes aufgeht.

Bislang exportiert Samoa fast ausschließlich landwirtschaftliche Produkte, Fisch, Säfte, Arzneipflanzen, Kokosnussöl, Kaffee, Kakao oder die stärkehaltigen Knollen namens Taro.

Bei nahezu bei allen Gütern, die zu einem modernen Leben zählen, ist Samoa auf Einfuhren angewiesen. Tai erklärt uns, dass die Einfuhren aus Steuern, den Einnahmen aus dem Tourismus und vor allem mit dem Geld, was die Samoaner im Ausland in die Heimat schicken, bezahlt werden. Ich denke die Großzügigkeit von Japan und vor allem China hat auch etwas damit zu tun. China gibt großzügig Hilfsleistungen und bekommt im Gegenzug die Stimme Samoas in der Vollversammlung der Vereinten Nationen, so wird berichtet. Dort haben nämlich Länder wie China auch nur eine Stimme wie das kleine Samoa. Auf diese Art geht China schon lange und recht erfolgreich auf Stimmenfang bei den Kleinststaaten in Ozeanien. Und die Volksrepublik braucht viele Stimmen, um ihre Interessen bei der UNO durchzusetzen.

Wir haben Samoa ins Herz geschlossen. Es war schön die Menschen in Apia und auf den Golfplätzen näher kennengelernt zu haben und einiges über sie erfahren zu können.

 

 

Tofa soifua Samoa – Auf Wiedersehen Samoa

Royal Samoa Golfclub
Royal Samoa Golfclub

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Wer an der Küste bleibt, kann keine neuen Ozeane entdecken. 

Ferdinand Magellan

 

Wir haben ihn endlich mit der Kamera erwischt - unseren Blinden Passagier aus Australien. Er ist mittlerweile groß geworden und wir hoffen, dass er noch einige Zeit bei uns bleibt.

Aussi - unser neuer Talisman