Vanuatu - Insel Tanna 2022

Ankunft in Tanna
Ankunft in Tanna

Kolumne 48 – Vanuatu - Insel Tanna

 

 

Nach knapp 4 Tagen entspannter Segeltour bei achterlichem bis halbem Wind erreichen wir am 30. September 2022 die Insel Tanna. Port Resolution Bay ist eine lange, fast fjordähnliche Bucht. In dieser Bucht ließ 1774, also vor ca. 250 Jahren, Kapitän James Cook den Anker fallen. Für uns scheint die Zeit hier stehen geblieben zu sein. An Steuerbord ragen steile Klippen auf. Backbords werden die Klippen von einem schmalen Strand abgelöst auf dem Holzkanus mit Auslegern liegen. Zum Yachtclub führen ausgetretene schmale Wege steil bergauf. Die Kanus gehören den Ni Vanuatu, den Menschen von Vanuatu, welche in mehreren Dörfern nahe des Yachtclubs leben. 

Alle 12 Yachten in der Bucht liegen recht schwellig. Voraus leuchtet ein langer breiter weißer Strand. Der Mount Yasur mit dem gleichnamigen aktiven Vulkan ist hinter dem Berg steuerbords zu erahnen. An vielen Stellen am Hang und an der Wasserlinie zischt und brodelt heißer Dampf aus den Ritzen.

 

 

Im Yachtclub klarieren alle Yachten ein, die sich vor Abreise von Fiji per Mail angekündigt haben. Der Yachtclub, ein Holzgebäude, offen zu drei Seiten, war vor 10 Jahren vielleicht mal ansehnlich. Nun ist das Gebäude völlig aus den Fugen geraten ist – eine volle Bruchbude. An einen Yachtclub erinnern nur noch die vielen Landesflaggen und Flaggen der Segelrallyes, ein trauriges Zeugnis der Vergänglichkeit.

Neben dem Yachtclub befinden sich einige Dörfer, die fast zusammen gewachsen sind. Früher sollen in einem Dorf ungefähr 50 Einwohner gelebt haben und alle Dörfer besaßen eigenständige Sprachen. Es wird berichtet, dass sich die Bewohner zweier Dörfer noch sprachlich verständigen konnten, danach unterhielt man sich durch Sandzeichnungen. Später wurde das aus mehreren Sprachen entwickelte Bislama entwickelt. Heute sprechen die meisten Ni-Vanuatu Bislama und Englisch oder Französisch. In ihren Dörfern halten sich immer noch die eigenen Dialekte.

Stanley, der im Dorf nebenan wohnt, organisiert alle Touren für die Segler. Egal ob wir zum Vulkan Yasur, nach Lenakel, der Hauptstadt Tannas, oder ein Kastom Dorf besuchen möchten. Wenn Touren in ein Dorf gebucht werden, ist die Übergabe eines Kavabündels, wie auf Fiji meist notwendig, oft nicht mehr gebräuchlich. Auch Gastgeschenke werden auf Tanna nicht mehr unbedingt erwartet. Stanley wird einen Preis vorab für Besichtigung und Tanz usw. vereinbaren.

In den kleinen Dörfern neben dem Yachtclub leben die Ni Vanuatu in Häusern mit Hütten aus geflochtenen Palmblättern. Strom wird notdürftig durch Solarpaneels erzeugt. Zum Fischen fahren die Männer mit ihren, aus Brotfruchtbaum oder Baynanbaum, gefertigten Ausleger Kanus. Wenn nicht ein gelbes GFK Boot neben den Holzkanus liegen würde, könnte man sich absolut zu Captain Cooks Zeiten wähnen.

Stanleys Schwägerin drückt mir beim Besuch im Dorf einiges an Gemüse und Obst in die Hand. Es ist üblich zu fragen, was ich als Tauschgeschenk übergeben darf. Nach einigem Fragen meinerseits was denn knapp im Haushalt sei, erfahre ich das Reis, Zucker, Fleisch- oder Fischkonserven, Nähnadeln und Öl für die handbetriebene Nähmaschine, die in der Schule betrieben wird, knapp seien. Ach ja, und sie wünsche sich so sehr einen selbstgebackenen Kuchen, da ihr Backofen erst gebaut werden würde. Ich gebe ihr bei der nächsten Gelegenheit 2 Nähmaschinenadeln, Mehl, Zucker und eine Dose Cornedbeef. Der Frau von unserem Organisator Stanley, die wir bisher noch nicht kennengelernt hatten, überreichen wir eine alte Schot zum Abschleppen der Pickups und zum Anbinden der Kühe und Pferde. Es mangelt an so vielem. Die zwei selbstgebackenen Kuchen teile ich zwischen Stanleys Frau und Schwägerin auf. Alle scheinen glücklich zu sein.

Gestern Nacht hatten wir Westwind. Die Gruppe, die sich nachmittags für den Aufstieg zum Vulkan Yasur entschieden hatte, hat auf dem Vulkan nur Asche in die Augen bekommen und schwefelhaltige Luft atmen müssen. Unseren Yachten ging es nicht besser. Morgens lag ein paar Millimeter dicker Aschenstaub auf dem Deck verteilt. Wir haben 4 Stunden mit der unbefriedigenden Beseitigung verbracht. In jede Ritze verteilt sich der Vulkansand. Es ist nicht so einfach den geeigneten Zeitpunkt zum Besteigen des Mt Yasur zu finden. Westwind sollte vermieden werden.

Stanley hat für sieben Personen einen Fahrer mit Pickup organisiert. Es geht nach Lenakel, dem Hauptort Tannas. Gute 90 Min sind wir über kaum beschreibbare Wege unterwegs. Durch den Urwald läuft eine Naturstraße, die 1 – 2m tief in den Urwaldboden abgestochen wurde. Sie sieht eigentlich wie ein tiefes Flussbett aus, bei Trockenheit hart wie Stein, bei Regen matschig mit vielen tiefen Rinnsalen. Rechts und links sehen wir vereinzelt kleine Ansammlungen von Hütten. Es fährt kein Bus. Daher warten Jung und Alt auf Mitfahrgelegenheiten an den matschigen Straßenrändern. Wir vier Frauen dürfen im Jeep sitzen, unsere Männer auf der Pickup Ladefläche, die mit einfachen Brettern bestückt ist. Zuerst hält unser Fahrer am Straßenrand für den ca. 80 jährigen Chief des Dorfes. Die Ladefläche füllt sich nach und nach, die letzten müssen stehen.

In Lenakel kaufen wir richtig gut ein. Der Markt ist sehr gut bestückt mit allen Gemüse- und Obstsorten. Wir kaufen SIM Karten und lassen diese gleich gebrauchsfertig installieren. Bier, Rum und Pastis werden eingeladen. Der holperige Weg zurück dauert wieder knapp zwei Stunden.

 

 

Am 04. Oktober lassen wir uns auf einem Pickup um 15.30 zum Fuße des Mount Yasur fahren. Es sind nur noch Treppenstufen bis zum Vulkan. Es weht ein kräftiger Wind hier oben und das Grollen des Vulkans ist schon sehr intensiv. Von der früheren Abtrennung zum Vulkan stehen nur noch einige Pfosten. Ein unbedachter Schritt und aus die Maus.

Das Vanuatu Archipel gehört zum pazifischen Feuergürtel. Entlang dieser Nahtstelle zwischen den Platten des pazifischen Ozeans und den angrenzenden Kontinenten kommt es immer wieder zu Erbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüchen. Der Mount Yasur ist seit mindestens 800 Jahren daueraktiv. Alle paar Minuten zeugt ein mehr oder minder lautes Grollen von einer Explosion. Es soll nicht selten sein, dass Lava Brocken bis auf den Kraterrand geschleudert werden. Dieser zweigeteilte Krater des Yasur ist 400m hoch und hat einen Durchmesser von mehr als 300 Metern und mehrere Förderschlote, von denen 3 zur Zeit aktiv sind. Im Herbst 2008 kamen bei einer dieser Eruptionen 2 asiatische Touristen ums Leben (Vulkanenet.de)

Es ist beeindruckend so ein Naturschauspiel, diese Kraft und Energie zu beobachten. Nach 2 Stunden bin ich aber auch froh diesen Ort verlassen zu können. Die Luft ist ziemlich schwefelhaltig und meine Augen brennen vom Aschenstaub.

 

 

Die Ni Vanuatu auf Tanna sind sehr freundliche, selbstbewusste und interessierte Menschen. Wie auf fast allen Inseln haben diese Menschen hier immer noch unter der Pandemie zu leiden. 

Die Urlaubsanlagen sind noch nicht wieder belegt. Alles verfällt langsam. Im Dorf lernen wir eine Frau kennen, die ihr kleines Restaurant pflegt und sauber hält, jedoch noch nicht einmal das Geld dafür hat, jemanden zu beauftragen eine Werbung auszudrucken, die im Yachtclub aufgehängt werden könnte oder diese als Flugblätter an Yachties zu verteilen. Wir machen wieder ein Tauschgeschäft. Sie gibt uns scharfe, selbst gezogene Peperoni und wir ihr Geld für Werbung. Sie ist glücklich. Die Menschen hier wollen nichts geschenkt haben, daher verteilen sie ihr Gemüse und Obst, in der Hoffnung von uns Yachties andere notwendige Dinge zu bekommen. 

 

Wer an der Küste bleibt, kann keine neuen Ozeane entdecken. 

Ferdinand Magellan

 

Wir haben ihn endlich mit der Kamera erwischt - unseren Blinden Passagier aus Australien. Er ist mittlerweile groß geworden und wir hoffen, dass er noch einige Zeit bei uns bleibt.

Aussi - unser neuer Talisman